Die Zumutungen der Kinderbetreuung im Lockdown – ein Offenbarungseid über die moderne Familie

Wed, 24. March 2021
von 19:15 Uhr bis 21:45 Uhr
Online-Diskussionsveranstaltung per Discord, der Link zur Teilnahme:

Als weites Feld epidemiologisch relevanter Kontakte ist dem Staat auch der nationale Schulbetrieb in den Blick geraten. Anders als in der Arbeitswelt eröffnet sich der Politik beim Blick auf die Kinder die Möglichkeit, auf Kontaktreduzierung zu bestehen, ohne dass es gleich um existenzielle Fragen geht. Und so wurden, nach der schrittweisen Verschärfung von allerhand Hygieneauflagen, die Schulen schließlich weitgehend dichtgemacht und der Regelschulbetrieb unterbrochen. Dessen Leistungen für die Bildung des Nachwuchses sind dem Staat gleichwohl alles andere als egal, und so wurde ein Kontakte vermeidender Ersatzbetrieb angeordnet: Fernunterricht mit Rückgriff auf die Errungenschaften der Digitalisierung, der der Bildungssektor schon so lange entgegenfiebert, und selbstständiges Lernen von zu Hause aus. Für die betroffenen Familien, auf die der Schulbetrieb damit abgewälzt wird, ist das in mehrfacher Hinsicht eine Zumutung eigener Art. In diese Zumutungen stecken einige Klarstellungen darüber, worauf es bei der schulischen Bildung ankommt und welche Rolle die moderne Familie im System der Marktwirtschaft spielt.

Einige Verlautbarungen zum Thema:

  • „Langsam reichts. Wir gehen den ganzen Tag arbeiten, haben haushalt etc zu erledigen u dürfen dann unseren Kindern den Stoff noch bei bringen. Wir Eltern laufen auch irgendwann an unserer Belastungsgrenze.“ (Stefanie Müller im Blog Eltern am Limit auf mdr.de/sachsen-anhalt, 13.1.21)
  • „Das Risiko für psychische Auffälligkeiten sei von 18 Prozent auf 31 Prozent angestiegen. Hyperaktivität (24 Prozent), emotionale Probleme (21 Prozent) und Verhaltensprobleme (19 Prozent) traten vermehrt auf, ebenso psychosomatische Beschwerden wie Gereiztheit (54 Prozent), Einschlafprobleme (44 Prozent) sowie Kopf- und Bauchschmerzen (40 bzw. 31 Prozent). Lernen sei für zwei Drittel anstrengender geworden. Der Schulalltag wurde teilweise als extrem belastend empfunden. Auch in den Familien habe sich die Stimmung verschlechtert: 27 Prozent der Kinder und Jugendlichen und 37 Prozent der Eltern berichteten, dass sie sich häufiger streiten als vor der Corona-Krise. Vor allem Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss oder einen Migrationshintergrund haben, erlebten die Veränderungen als äußerst schwierig. Finanzielle Probleme, beengter Wohnraum und eine fehlende Tagesstruktur seien Risikofaktoren, weshalb Unterstützungskonzepte für Familien eingefordert werden.“ („Wir wollen wieder in die Schule“, bpb.de, 28.10.20)
  • „Inwiefern Kinder während der Pandemie einem erhöhten Gefährdungsrisiko ausgesetzt waren, können die DJI-Wissenschaftlerinnen [Deutsches Jugendinstitut] auf Basis der derzeitigen Studienlage nicht abschließend beurteilen. Die stark gestiegene Nachfrage nach Chat- und Telefonberatung für Kinder und Jugendliche, beispielsweise über die ‚Nummer gegen Kummer‘, und nach telefonischer Elternberatung am Anfang der Pandemie wurde als erster Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für Kindeswohlgefährdungen gedeutet. Auch die Daten der Gewaltschutzambulanz des Universitätsklinikums Charité deuteten auf eine Zunahme häuslicher Gewalt und Kindesmisshandlung … Fest steht: Durch die Schließung oder begrenzte Öffnung von Schulen, Kitas und Horte entstand eine Lücke die trotz der Bemühungen vieler Behörden, die breite Öffentlichkeit in den Schutz des Kindeswohls einzubeziehen, nicht überbrückt werden könne … In Deutschland gingen vor der Pandemie etwa 40 Prozent der Hinweise auf Kindeswohlgefährdungen von diesen Institutionen aus.“ (DJI, Erschwert die Pandemie den Kinderschutz?, 8.10.20)

Zum Thema gibt es einen Artikel des GegenStandpunkt-Verlages in der Nummer 1-21 (erscheint am 26.3.) des GegenStandpunkt: „Pandemie XVIII. Deutschland im Winter-Lockdown – eine Zwischenbilanz“, davon insbesondere der Abschnitt II.4. „Die Welt der Nachwuchsbetreuung“. Dieser Artikel ist frei verfügbar auf: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/deutschland-winter-lockdown