GegenStandpunkt 2-25

Trumps ‚Make America Great Again‘ – Imperialismus, wie Deutschland ihn gar nicht leiden kann

Während Deutschland erbittert daran festhält, dass sein Anspruch auf ganz Europa die Verdrängung Russlands braucht, also den gigantischen Landkrieg im Osten allemal wert ist, den es tapfer im­mer weiter als Soliaktion fürs ukrainische Volk anpreist, das dabei ebenso wie das russische zu Hunderttausenden verschlissen wird, tut Trump was? Er kalkuliert die Konfrontation neu, erkennt keine Notwendigkeit und keinen Nutzen dieses Stellvertreterkriegs für die amerikanische Welt­macht – und bläst das Gemetzel mit der gleichen souveränen Kaltblütigkeit ab, mit der es der Westen drei Jahre lang aufrechterhalten und eskaliert hat; und preist das ebenfalls als Soliaktion fürs ukrainische und fürs russische Volk an, denen er das fortlaufende „Blutbad“ ersparen will.

Während Deutschland immer weiter von einer Weltwirtschaftsordnung profitieren will, in der es sich vom Weltkriegsverlierer zur drittgrößten Wirtschaftsmacht der Welt gesundgestoßen hat und die es seit jeher als Befolgung alternativlos vernünftiger Freihandelsmaximen proklamiert, tut Trump was? Er misst die Resultate von 8 Jahrzehnten Dollarweltökonomie radikal am Anspruch auf un­teilbaren und garantierten Konkurrenzerfolg der USA, ist als Chef der US-Weltmacht mit den Ergebnissen abgrundtief unzufrieden und macht bei der aggressiven Korrektur des Welthandels auch vor westlichen Partnern nicht halt. Und nebenbei ist er so frei, die EU als das anti-amerikanische Projekt zu beschimpfen, das sie immer war.

Während Deutschland mit Verweis auf seinen Holocaust die Unterstützung für Israels Vernich­tungskrieg im Gazastreifen fortsetzt, zugleich demonstrativ am schlechten Witz einer „Zwei-Staaten-Lösung“ festhält und sich so um ein bisschen Mitbestimmung über das Schlachten im Nahen Osten bemüht, tut Trump was? Er befreit die USA von jeder Verpflichtung auf ir­gendeine „Lösung“, die einen anderen Inhalt als den Nutzen Amerikas hat, räumt die Perspektive eines Staats Palästina ab, verweigert zugleich Israel das Bekenntnis zu ewiger amerikanischer Selbstverpflichtung auf israelische Größe und kümmert sich um Ansprüche anderer Mächte schon gleich nicht. Das alles selbstredend im Sinne aller Geschundenen, denen mit einem Immobilienboom im Gazastreifen mehr geholfen wäre als mit einem Dauerkrieg dort oder einem Atomkrieg gegen Iran.

Und so weiter und so fort und überhaupt:

Trump korrigiert mit der Macht seiner Nation die Sitten der gewaltbasierten und regelmäßig gewalttätigen Konkurrenz der Staatenwelt, weil ihm die Resultate für Amerika nicht passen, und bekennt sich so zur Gegensätzlichkeit des Nutzens, um den alle Staaten ringen: den nationalen Zuwachs an Geldreichtum und Macht. Nebenbei verwirft er ein paar vertraute Phrasen, mit denen die Ge­winner dieser Ordnung stets legitimiert haben, was sie an Hierarchie zwischen den Staaten und Elend für ihre Völker produziert haben. Darum haben die amtierenden und die ideellen Verwalter des deutschen Imperialismus im Moment so viel zu tun: Sie sind sich viel angestrengt vorgetragenes Entsetzen über Trump schuldig und stellen sich zugleich entschlossen opportunistisch auf die von ihm gesetzten neuen Bedingungen des Ringens um Macht und Reichtum ein. Denn auf den Erfolg dabei kommt es im Unterschied zu allen ideologischen Phrasen wirklich an.

Der GegenStandpunkt hat es einfacher: Er kritisiert den imperialistischen Umsturz, der von den USA gemacht und von ihren Konkurrenten nachvollzogen wird.

Hörtipp: Kritik der Soziologie

Ein Interview von 99zuEins mit Egbert

Soziologen erforschen alles, was andere untersuchen, noch einmal soziologisch. Politik, Religion, Literatur, Familie und Krieg entschlüsseln sie als im Grunde immer wieder dasselbe: „Formen von Vergesellschaftung“. Dabei finden Soziologen nicht interessant, um was es in den verschiedenen Fällen von Gesellschaft geht, sondern immer, dass da ein überindividueller Zusammenhang von Individuen (solange er besteht) offenbar funktioniert. Und alles, was Soziologen in dieser Gesellschaft an Institutionen, Handlungsweisen und Sitten zum Thema machen, deuten sie nach ihrem Schema als entweder funktionalen Beitrag zur Systemstabilität oder als ihre Gefährdung. Was verkehrt ist an scheinbar unwidersprechlichen Aussagen wie, alles sei „gesellschaftlich vermittelt“, „der Mensch ist Produkt der Gesellschaft“, diese umgekehrt wieder „Produkt der Menschen“ und ihrer Interaktionen – darum geht es in dieser Folge mit Egbert.

Kritik der Soziologie – mit Egbert – 99 ZU EINS – Ep. 460 – YouTube

Hörtipp: Debatte zu Klimakrise & Klimapolitik

Der Podcast 99zuEins veranstaltet am Sonntag, dem 2. Juli, ab 20:00 Uhr ein Streitgespräch zwischen Aimée van Baalen von der Letzten Generation und Usama Taraben von der Zeitschrift GegenStandpunkt unter dem Titel „Die Letzte Generation – radikaler Aufstand des Gewissens? Und: Hat die letzte Generation recht damit, dass die Regierung nicht angemessen gegen die Klimakrise handelt?“

Der Link zum Youtube-Auftritt: https://www.youtube.com/watch?v=Rg992slj5Cc