„Butscha!“ – von den Bildern des Kriegs und vom Krieg der Bilder
von 19:15 Uhr bis 21:45 Uhr
Online-Diskussionsveranstaltung per Discord, der Link zur Teilnahme (nach Betätigung des Link im Register "Voice Channels" auf "General" klicken):
Aus der Kleinstadt Butscha gibt es schlimme Bilder zu sehen. Also sieht Bild hin:
„Es sind furchtbare Aufnahmen. Man möchte weggucken. Aber es ist wichtig, dass wir hingucken. Dass SIE, liebe Leserinnen und Leser, Bescheid wissen, was Putin tut … Es sind Putins Opfer, Menschen wie wir, die ihr Leben leben wollten. Ermordet von einer marodierenden russischen Armee, die kein Halten mehr kennt. Soldaten ohne Ehre, Feinde der zivilisierten Welt.“ (Wir müssen hinschauen und Wort halten, Kommentar von Johannes Boie, Bild, 4.4.22) „Langsam fährt die Kamera durch Butscha, die lange Straße entlang. Fünf Wochen hatte die russische Armee Butscha besetzt. Links und rechts filmt die Kamera Leichen. Eine hat auf dem Rücken gefesselte Arme. Ein Mann liegt auf seinem Fahrrad, seine Einkäufe neben ihm. Die Kamera muss Kurven machen um die Leichen. Ein Bildausschnitt weist einen Kreisverkehr aus, links ist ein Wohnblock, zwei nebeneinanderliegende Leichen. Freunde. Was uns die Kamera zeigt, ist das unbegreifliche Böse. Als lebten die Schreckgespenster wieder. Dschingis Khan, Stalin, Hitler, Mao Zedong, Pol Pot. In die Galerie der Bösen gehört nun auch der Name Putin.“ (Post von Wagner, Bild, 4.4.22)
Was auf den Bildern aus Butscha zu sehen ist: das Grauen des Kriegs; das, was ‚die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln‘ anrichtet; und auch, dass beim groß- und kleinkalibrigen Töten und Zerstören die ach so zivilisatorische Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilisten mal wieder nicht eingehalten worden ist. Was auf den Bildern definitiv nicht zu sehen ist: ungefähr alles, was die deutsche Öffentlichkeit – offenbar auch stilbildend für ihr Publikum – darin entdeckt und daraus folgen lässt.
Weitere Zitate zur Veranstaltung:
„Begriffe wie Kriegsverbrechen sollen der Schlachterei dieser Ukraine-Invasion einen juristisch fassbaren Charakter geben, als gäbe es einerseits den normalen, geregelten Krieg und andererseits die Verbrechen, die in ihm geschehen. Was nun aber nach dem Abzug russischer Einheiten in Butscha nördlich von Kiew sichtbar wird, lässt sich mit dem Begriff Verbrechen nicht mal ansatzweise beschreiben und macht die viehische, bestialische Natur dieses Gemetzels klar. Die Ukraine erleidet keinen Angriffskrieg, sie erleidet einen Vernichtungsfeldzug. Die russische Soldateska zerstört, brandschatzt und mordet nach Gusto. Diese Schlachterei zeigt keinen Hauch von Menschlichkeit mehr, das Leid ist unfassbar, schon die Bilder schnüren die Kehle zu. … Ja, Wladimir Putin ist ein Kriegsverbrecher, seine Soldaten begehen Kriegsverbrechen, der gesamte Apparat ermöglicht unsägliche Gräuel. … Dies ist ein enthemmter, totaler Krieg eines totalitären Regimes. Wer das immer noch nicht wahrhaben will, muss nach Butscha schauen.“ (Schaut auf Butscha, Kommentar von Stefan Kornelius, SZ, 4.4.22)
„Unter den vielen verstörenden Videos, die über die sozialen Medien verbreitet werden, ist eines, das angeblich von ukrainischen Soldaten begangene Kriegsverbrechen zeigt. Auf unscharfen Bildern ist zu sehen, wie Uniformierte mit den blauen Armbändern der ukrainischen Truppen gefangene russische Soldaten verhören und ihnen schließlich aus nächster Nähe in die Beine schießen. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Video echt ist. Im Krieg verrohen Menschen unweigerlich. Und die ukrainischen Soldaten verteidigen ihr Land gegen einen gewalttätigen Eindringling, der mutwillig ihr bisheriges Leben zerstört hat und gezielt massenhaft Zivilisten umbringt – ihre Nachbarn, Verwandten, Freunde. Die Gegenwehr der Ukrainer gegen den Terror kann nur erfolgreich sein, wenn es ihnen gelingt, möglichst viele russische Soldaten kampfunfähig zu machen – also zu töten, zu verwunden oder gefangen zu nehmen. Angesichts der Härte, mit der die Kämpfe geführt werden, wäre es ein Wunder, wenn es keine Fälle von Misshandlung russischer Kriegsgefangener gäbe.“ (Kampf um die Bilder des Krieges, Kommentar von Reinhard Veser, faz.net, 2.4.22)
„Jetzt muss ein Ruck durch Deutschland gehen, besonders auch durch die Regierung. Waffenlieferungen müssen schnell und unbürokratisch erfolgen; was wir haben, muss in die Ukraine.“ (Diese Fotos müssen uns verändern! Kommentar von Johannes Boie, bild.de, 3.4.22) „Butscha und die Gräuel des Krieges erzwingen also einen höheren Einsatz. Die Optionen werden immer weniger. Der Faktor Zeit wird immer wichtiger. Bald wird die russische Soldateska zum nächsten Schlag im Osten und Süden der Ukraine ausholen. Wer Putin jetzt treffen will, muss nicht nur sein Militär schlagen und die zum Widerstand entschlossene Ukraine versorgen. Er muss auf den internen Schock in Russland zielen, auf das Budget, die Renten, die Solde. Erdgas und Öl waren in Putins Strategie die wichtigste Waffe. Sie kann auch gegen ihn verwendet werden.“ (Putins Waffe, Kommentar von Stefan Kornelius, SZ, 5.4.22)
Lesetipp: „Zwei Anmerkungen zu ‚Butscha!'“ in: GegenStandpunkt 2-22, abrufbar auf: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/anmerkungen-zu-butscha