Fortsetzung: Die Debatte um die Marschflugkörper Taurus für die Ukraine
von 19:15 Uhr bis 21:45 Uhr
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„Besonnenheit“ oder doch „keine Angst vor dem Feind“? Auf jeden Fall: mehr Krieg im Interesse Deutschlands
Scholz
„Über eines sollten wir uns im Klaren sein: Ein russischer Sieg in der Ukraine würde nicht nur das Ende der Ukraine als freier, demokratischer und unabhängiger Staat bedeuten, sondern würde auch das Antlitz Europas dramatisch verändern. Es wäre ein schwerer Schlag gegen die liberale Weltordnung. … Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um einen Sieg Russlands zu verhindern. Tun wir dies nicht, könnten wir uns bald in einer Welt wiederfinden, die sogar noch instabiler, bedrohlicher und unberechenbarer ist als während des Kalten Krieges. Trotz unserer Unterstützung könnte der Ukraine bald ein gravierender Mangel an Waffen und Munition drohen. Einige Finanzierungszusagen sind bereits ausgelaufen, andere müssen verlängert werden. Wenn Putins Aggression nicht Einhalt geboten wird, würden die langfristigen Konsequenzen und Kosten alle unsere heutigen Investitionen bei Weitem übersteigen.“ (Gastbeitrag des Bundeskanzlers Scholz im Wall Street Journal, bundesregierung.de, 8.2.24)
„Deutschland befindet sich mittlerweile in der Rolle, die Scholz 2022 umrissen hatte: Die größte Volkswirtschaft Europas ist nach den USA der größte Unterstützer der Ukraine. Und sollte es US-Präsident Joe Biden nicht gelingen, das neue, 60 Milliarden Dollar schwere Hilfspaket auch durch das Repräsentantenhaus zu bekommen, dann wächst der Bundesrepublik noch zusätzliche Verantwortung zu. … Scholz [bekräftigt] am Samstag in seiner Rede in München, dass Deutschland und Europa weiter an der Seite der Angegriffenen stehen. ‚Einen Diktatfrieden auf Geheiß Moskaus wird es nicht geben‘, sagt der Kanzler im Hauptsaal des Bayerischen Hofs in München. ‚Unsere Unterstützung ist breit und umfangreich.‘“ (Scholz bei der Sicherheitskonferenz 2024. Handelsblatt, 17.2.24)
„Die Ukraine soll zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin keine ‚Taurus‘-Marschflugkörper von Deutschland erhalten. Das hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nun mit der Begründung erklärt, dass Deutschland sonst Gefahr laufe, in den Krieg verwickelt zu werden. ‚Wir dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein‘, sagte Scholz bei der dpa-Chefredaktionskonferenz.“ (Scholz begründet Nein zu „Taurus“-Lieferung. Tagesschau.de, 26.2.24)
„Scholz erklärte, es gebe einen Grundsatz, den er von Anfang an genannt habe – und der nicht oft genug wiederholt werden könne: ‚Wir werden verhindern, dass es zu einer Eskalation des Krieges, den Russland gegen die Ukraine begonnen hat, zu einem Krieg zwischen Russland und der NATO kommt. Es ist ganz klar, dass es keine deutschen Soldaten auf ukrainischem Grund geben wird. Und dafür stehe ich auch, dass das so ist: dass es keine Verwicklung unseres Landes und der militärischen Strukturen unseres Landes in diesen Krieg gibt.‘“ (Ebd.)
Strack-Zimmermann
„Europa stand noch nie so unter Druck. Dieses Wirtschafts- und Friedensprojekt wurde noch nie so unter Druck gesetzt. Noch nie wurde es so angegriffen und daher, liebe Freundinnen und Freunde: Ohne Sicherheit wird dieses Europa in Zukunft keinen Bestand haben und deswegen ist das Gebot der Stunde, nicht zu zaudern. … Es ist ein Unding, dass der Luftraum der NATO immer wieder durch Russland verletzt wird, alle still halten und außer verbaler Empörung keine Reaktion folgt.“ (Strack-Zimmermann, Rede auf dem Europa-Parteitag der FDP am 28.01.24)
„Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte der SZ dagegen, es sei ‚dringend erforderlich, die Taurus zu liefern‘. … Das Bundeskanzleramt sei deshalb ‚aufgefordert, nicht erneut zu zögern‘. Wer möchte, dass die Ukraine diesen Krieg gewinne, müsse ‚alles Machbare tun, was das Völkerrecht zulässt und darf in der Unterstützung nicht nachlassen‘.“ („Wir werden es uns weiter schwer machen“. Sueddeutsche.de, 13.8.23)
„Die Lieferung sei wichtig, weil die Marschflugkörper dafür eingesetzt werden könnten, russische Stellungen zu bekämpfen, von denen aus die Ukraine massiv beschossen werde. ‚Das ist völkerrechtskonform, auch wenn sich diese Stellungen auf russischem Territorium befinden. Es geht dabei ausschließlich um militärische Ziele, der Beschuss ziviler Ziele bleibt ausgeschlossen.‘“ (Agnes Strack-Zimmermann im Radio-Netzwerk-Deutschland, RND 11.8.23)
„Frage: Sie haben also kein Verständnis für das Zögern? Strack-Zimmermann: Überhaupt keins, wir sollten keine Angst vor der eigenen Courage haben.“ (Agnes Strack-Zimmermann, Interview mit der „Heilbronner Stimme“, fdp-pressemitteilung 12.2.24)
„Putin interpretiert das Zögern des Kanzlers als Schwäche. Das ist gefährlich. Denn es ist Öl auf die imperialistischen Mühlen des russischen Präsidenten und macht ihn umso gefährlicher.“ (Agnes Strack-Zimmermann, Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“, fdp-pressemitteilung 7.3.24)
„Es soll ja Leute geben, die sich nicht blöd vorkommen, wenn sie ein T-Shirt tragen, auf dem steht: ‚Was geht mich die Ukraine an?‘ Denen erkläre ich gern zum Mitschreiben, dass Wladimir Putin nicht zögern wird, auch das Baltikum anzugreifen, wenn er in der Ukraine Erfolg haben sollte. Dann greift der Bündnisfall auf der Grundlage des Nordatlantikvertrags, und auch unsere Soldaten müssten das Territorium verteidigen. Das sollte man aufs T-Shirt drucken.“ (Agnes Strack-Zimmermann, Interview mit dem Stern, fdp-pressemitteilung 14.2.24)
Biden
„Ich weiß, dass diese Konflikte weit weg zu sein scheinen, und man fragt sich natürlich: Warum ist das für Amerika wichtig? Lassen Sie mich Ihnen daher erklären, warum es für die nationale Sicherheit Amerikas von entscheidender Bedeutung ist, dass Israel und die Ukraine Erfolg haben. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass Terroristen, die keinen Preis für ihren Terror zahlen, und Diktatoren, die keinen Preis für ihre Aggression zahlen, mehr Chaos, Tod und Zerstörung verursachen. Sie gehen immer weiter. Und die Kosten und die Bedrohungen für Amerika und die Welt steigen weiter. Wenn wir also Putins Appetit auf Macht und Kontrolle in der Ukraine nicht stoppen, wird er sich nicht nur auf die Ukraine beschränken. Putin hat bereits Polen gedroht; es hat das Land daran erinnert, dass sein westliches Land ein Geschenk Russlands war. Einer seiner Top-Berater, ein ehemaliger russischer Präsident, hat Estland, Lettland und Litauen als die baltischen Provinzen Russlands bezeichnet. Das sind alles NATO-Verbündete. Seit 75 Jahren sichert die NATO den Frieden in Europa. Und sie ist der Eckpfeiler der amerikanischen Sicherheit. Und wenn Putin einen NATO-Verbündeten angreift, werden wir jeden Zentimeter der NATO verteidigen, wie es ein Vertrag verlangt und fordert. Wir werden etwas haben, das wir nicht anstreben. Um es klar zu sagen: Wir wollen nicht, dass amerikanische Truppen in Russland kämpfen oder gegen Russland kämpfen. Über Europa hinaus wissen wir, dass unsere Verbündeten und vielleicht vor allem unsere Gegner und Konkurrenten uns beobachten. Sie beobachten auch unsere Reaktion in der Ukraine. Und wenn wir uns zurückziehen und Putin die Unabhängigkeit der Ukraine zerstören lassen, werden potenzielle Aggressoren in der ganzen Welt ermutigt, dasselbe zu versuchen. Die Gefahr von Konflikten und Chaos könnte sich in anderen Teilen der Welt ausbreiten: im indopazifischen Raum, im Nahen Osten, insbesondere im Nahen Osten. Der Iran unterstützt Russland in der Ukraine, und er unterstützt die Hamas und andere terroristische Gruppen in der Region. Und wir werden sie weiterhin zur Rechenschaft ziehen … Amerikanische Führung hält doch die Welt zusammen. Amerikanische Allianzen sorgen dafür, dass wir, Amerika, sicher sind. Amerikanische Werte machen uns zu einem Partner, mit dem andere Nationen zusammenarbeiten wollen. All das aufs Spiel zu setzen, indem wir uns von der Ukraine abwenden und indem wir Israel den Rücken kehren – das ist es einfach nicht wert“. (Aus Bidens Rede an die Nation vom 19.10.23)
„Was würde passieren, wenn wir weggehen würden? Amerika ist doch die unverzichtbare Nation … Als ich mit Präsident Selenskyj durch Kiew ging, während in der Ferne Luftschutzsirenen ertönten, spürte ich etwas, woran ich schon immer geglaubt habe, stärker als je zuvor: Amerika ist ein Leuchtfeuer für die Welt, immer noch, immer noch. Wir sind, wie meine Freundin Madeleine Albright sagte, die unverzichtbare Nation. Heute Abend gibt es überall auf der Welt unschuldige Menschen, die wegen uns auf ein besseres Leben hoffen. Die dank uns an ein besseres Leben glauben. Die sich verzweifelt wünschen, von uns nicht vergessen zu werden. Und die auf uns warten.“ (Ebd.)
„Deshalb werde ich morgen einen dringenden Haushaltsantrag an den Kongress richten, um Amerikas nationale Sicherheitsbedürfnisse zu finanzieren und unsere wichtigen Partner, einschließlich Israel und der Ukraine, zu unterstützen. Es ist eine kluge Investition, die sich über Generationen hinweg für die amerikanische Sicherheit auszahlen wird, die uns hilft, amerikanische Truppen aus der Gefahrenzone zu halten, die uns hilft, eine Welt aufzubauen, die sicherer, friedlicher und wohlhabender für unsere Kinder und Enkelkinder ist.“ (Ebd.)
Lektüretipp: „Jetzt doch irgendwann: Europäische Soldaten für Kiew?“ in: GegenStandpunkt 1-24, erhältlich im Buchhandel und beim Gegenstandpunkt-Verlag.