GegenStandpunkt 3-24
Im dritten Kriegssommer tut Selenskyjs Ukraine auch weiterhin, wofür sie vom Westen ausgerüstet wird: Sie verschleißt auf Befehl ihres Führers ihr nationales Menschenmaterial an der Ostfront und hält auch im Hinterland die zunehmenden Verwüstungen tapfer aus, damit Russland jede Aussicht auf ein anderes Kriegsende als eine russische Niederlage weiter verwehrt bleibt. Dass der ukrainische Stellvertreter des Westens ziemlich vor die Hunde geht, ist im Preis der europäischen Freiheit enthalten, die er verteidigt, schmälert daher weder in Kiew noch in den westlichen Hauptstädten die Bereitschaft zum „Immer weiter so!“. Entsprechend wird mit den materiellen Schwierigkeiten umgegangen, in die die gigantische russische Militärmacht unter Inkaufnahme gigantischer eigener Schäden den Vorposten westlicher Freiheit bombt, weil auch für Moskau selbstverständlich ist, dass die eigenen Menschen und sonstigen Ressourcen für die Behauptung der Staatsmacht da sind. Die westlich-ukrainische Lösung aller Kriegsprobleme heißt Kriegseskalation, inzwischen auch in jede russische Provinz, die innerhalb der Reichweite der Waffen liegt, die der Westen baut und der Ukraine liefert.
Bedenken selbst der patriotischsten Art werden entweder ignoriert oder als Feigheit oder gleich als Helfershelfertum für den Aggressor Putin mit der üblichen Hetze belegt. Der praktische Beweis, dass es eine Alternative zum Sieg über Russland nicht gibt, besteht unter anderem darin, dass der Westen so tut, als ob er den schon in der Tasche hätte: Beschlagnahmte russische Staatsgelder werden für Abschlagszahlungen auf die bei Sieg fälligen Reparationen benutzt – mit dem schönen Nebeneffekt der Ökonomisierung des Stellvertreterkrieges, der unbedingt weitergehen soll. Mit den Gepflogenheiten des internationalen Eigentumsschutzes – ansonsten der wirkliche Höchstwert aller wertebasierten und regelgeleiteten Weltordnung – ist das zwar nicht so ganz zu vereinbaren. Aber diese Ordnung ist eben nur so viel wert, wie sie ihren Garantiemächten die Ausnahmestellung sichert, die sie gegen den Versuch Russlands verteidigen, sich mit Gewalt Respekt als gleichberechtigte Großmacht erzwingen zu können. Dazu der Artikel zur nächsten Runde Eskalation im Wirtschaftskrieg.
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Zeitgleich schlägt ein anderer Vorposten westlicher Freiheit und Sicherheit gegen eine Welt von Feinden weiter in einer Weise um sich, wie es sich für die Freiheit und Sicherheit einer respektablen Macht gehört: Israel lässt nun seit fast einem Jahr für seinen Vernichtungskrieg gegen die Hamas jeden Tag Palästinenser sterben und im Gaza keinen Stein auf dem anderen. Zugleich ist es längst in höherer Mission aktiv: Seinen Anti-Hamas-Ausrottungsfeldzug behandelt es inzwischen als bloß einen Abschnitt in einem regionalen Mehrfrontenkrieg, den es – natürlich wie immer bei ehrenwerten Mächten rein defensiv – total eskaliert. Es setzt seine Freiheit und Sicherheit nicht mehr nur mit der erfolgreichen Abschreckung, sondern mit der Vernichtung aller seiner Gegner in der Region gleich. Konsequent treibt es daher die Konfrontation mit seinem Hauptfeind, der gegnerischen Regionalmacht Iran immer direkter voran – für alle Fälle hat Israel ja seine Atombomben. Mit dem so provozierten Szenario eines „Flächenbrands“ erzwingt Israel zugleich das Engagement der noch ganz anders nuklear bestückten Weltmacht Amerika. So verleiht Israel mit seinem ausgreifenden Sicherheitsanspruch als unangreifbare Vormacht im Nahen Osten dem regionalen Krieg zugleich ein Moment von Weltkrieg. Dazu der Artikel „Al-Aqsa-Flut“ und „Eiserne Schwerter“ – eine Zwischenbilanz des Gaza-Kriegs.
Man kann die Sache aber auch so sehen, dass es Israel bloß um ein paar mehr Quadratkilometer Land und ganz viel weniger Palästinenser auf diesem Land geht, und mit dem Vorwurf „ethnische Vertreibung“ und „Siedlerkolonialismus“ versehen. Und schon ist eine „Theorie“ fertig, die dafür taugt, von links in diesem Krieg dann doch für die richtige Seite – kritisch – Partei zu ergreifen. Darauf kommt es schließlich in jedem Krieg an, oder? Dazu eine Kontroverse zum Gaza-Krieg.
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Außerdem im neuen GegenStandpunkt: Das Ringen der SPD um die Reform ihres famosen Bürgergeldes; zwei Fassungen des stolzen gewerkschaftlichen Abwehrkampfes um soziale Errungenschaften – das Lebenswerk des Claus Weselsky und der Kampf der UAW in den USA; und ein heißer Wahlkampfsommer in Amerika, der deutlich macht, was ein US-Präsident sein und können muss.
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